Retardierung

Retardierung
Re|tar|die|rung 〈f. 20; geh.〉 Verzögerung der geistigen od. körperl. Entwicklung bei Kindern

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I
Retardierung,
 
Physik: die zeitliche Verzögerung der von einer Quelle ausgehenden physikalischen Wirkung an einem anderen Ort. Aufgrund der endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wirkung, bei elektromagnetischen Feldern die Lichtgeschwindigkeit, nimmt ein Beobachter am Ort r eine von einer Quelle am Ort r' ausgehende Wirkung (z. B. die zeitliche Änderung eines elektrischen Feldes) erst nach der Zeitspanne (der retardierten Zeit) |rr'| / c wahr (c Ausbreitungsgeschwindigkeit). Bei der Formulierung der Elektrodynamik etwa führt man daher retardierte Potenziale ein, die die räumliche und zeitliche Abhängigkeit eines Potenzials am Beobachtungsort von der Lage der erzeugenden Quelle berücksichtigen. Für eine bewegte Punktladung sind dies die Liénard-Wiechert-Potenziale. Allgemein muss dabei das Zeitargument der Quellenfunktion um die Retardierung korrigiert werden. Für die elektrische Ladungsdichte ρ ist dann der Ausdruck ρ (r', t — |rr'| / c) zu verwenden (t Beobachtungszeitpunkt am Ort r).
 
Die ebenfalls als Lösung der maxwellschen Gleichungen auftretenden avancierten Potenziale verknüpfen den Beobachtungszeitpunkt mit Wirkungen, die erst in der Zukunft von der Quelle ausgehen: ρ (r', t + |rr'| / c). Avancierte Potenziale verletzen die Kausalität der Naturvorgänge und besitzen deshalb keinen physikalischen Inhalt; sie haben jedoch eine formale Bedeutung in der relativistischen Quantenmechanik.
II
Retardierung,
 
1) allgemein Verzögerung, Verlangsamung eines Ablaufs, einer Entwicklung;
 
2) ungenaue Bezeichnung für die Verzögerung der geistigen und psychischen Gesamtentwicklung von Kindern im Sinne einer leichten, nicht unbedingt bleibenden geistigen Behinderung, entweder bedingt durch körperliche Schädigungen (Hirn- oder Stoffwechselerkrankungen), Mangelernährung oder ungünstige familiäre beziehungsweise soziale Verhältnisse; in den letztgenannten Fällen liegen jedoch keine bleibenden geistigen Beeinträchtigungen, sondern Entwicklungshemmungen aufgrund äußerer Ursachen vor.
 
Siehe auch: Entwicklungsstufe.

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Re|tar|die|rung, die (selten): das Retardieren.

Universal-Lexikon. 2012.

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